Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum

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SIR05 01 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum
SIR05 01 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum


Parkplätze für Kfz sind sehr häufig riesige mit Asphalt versiegelte Flächen, die nur verhältnismäßig wenig genutzt werden. Das heißt, Autos parken dort nur zu ganz bestimmten Jahres- Wochen- und Tageszeiten. Daraus ergibt sich grundsätzlich schon einmal ein überaus verschwenderischer Umgang mit einer sehr kostbaren Ressource. Die Ressource Boden ist eine unserer wichtigsten Lebensgrundlagen und kann auch nicht so leicht ersetzt oder gar wiederhergestellt werden. Sollten aber trotzdem noch größere Mengen an Kfz Parkplätzen benötigt werden, in einer Zeit wo sich das Mobilitätsverhalten der nachkommenden Generationen bereits stark verändert, sollte wenigstens darauf geachtet werden, diese in einer möglichst verträglichen Form zu errichten. Bäume spielen dabei eine entscheidende Rolle, denn sie können sowohl gestalterisch als auch ökologisch einen wesentlichen Beitrag in dieser Hinsicht leisten.



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In der Errichtung von neuen Kfz Parkflächen spielt die Grünraumgestaltung oft nur eine untergeordnete Rolle. Man versucht zumeist bis in den kleinsten Winkel alles zu versiegeln, um so ein Maximum an Stellplätzen für Autos zu erlangen. Dabei vergisst man aber häufig auf die Ästhetik und was noch mit zunehmender Wucht zum Tragen kommt, auch auf die negativen klimatischen Folgen von allzu großzügig versiegelten Flächen im Siedlungsgebiet.



In den „Freiraumplanerischen Standards der Stadt Graz“ heißt es zur verträglicheren Gestaltung von Kfz Parkflächen zum Beispiel: „Ab vier Kfz-Abstellplätze ist zumindest ein den Parkplätzen zugeordneter Laubbaum zu pflanzen und dauerhaft zu erhalten“ und ergänzend dazu noch: „Die Bepflanzung der Abstellplätze ist ein Ersatz für die Flächeninanspruchnahme und dient der besseren Einbindung in das Landschaft- und Ortsbild. Die damit verbundene Bepflanzungsqualität wirkt sich positiv auf das lokale Stadtklima aus (Verdunstungstätigkeit, Staubbindung, Beschattung).“


In der Stadt Augsburg hat man das Konzept des "Parkens unter Bäumen" entwickelt und auch bereits angewandt: Die Parkierungsfunktion sollte mit so viel technischem Aufwand wie gerade nötig in ein hainartiges Baumdach integriert werden. Das Baumdach sollte dominieren und sich über einer möglichst ruhigen, fast platzartigen Fläche entfalten können, die auch dann noch eine räumliche Qualität besitzt, wenn sie nicht von Autos beparkt wird (siehe auch Bild oben).


Dieses Baumdach beschattet die Stellplätze und verringert die Aufheizung der großen befestigten Fläche. Es bindet den Parkplatz in die Umgebung ein und korrespondiert mit den Lindenalleen entlang der Straßen.


Für den Parkplatz wurde ein besonders kompaktes Organisationsprinzip entwickelt. Der Flächenverbrauch für die Stellplätze konnte gegenüber herkömmlichen Typen um 10% reduziert werden, bei zugleich dichter beschattender Bepflanzung (0,45 Bäume/Stellplatz) und Integration von Mulden für die Versickerung des Niederschlagswassers.


Vorteile von Bäumen auf Kfz-Parkplätzen:


Ästhetik

Bäume und auch ganz allgemein eine Freiraumgestaltung mit mehr Grünanlagen tragen erheblich zur ästhetischen Aufwertung von städtischen Freiräumen bei.

  • Grün hat nachweislich eine positive Wirkung auf die Gemütslage der Menschen
  • Optische Bereicherung und eine Weichzeichnung des Straßenbildes- an manchen Tageszeiten sind die Schatten genauso schön wie die Bäume
  • Lebendige Pflanzen stehen im Kontrast zu Gebäuden und Autos und sind in Farbe und Duft einer saisonalen Veränderung unterworfen


Gliederung

Bäume bringen Ordnung auf die Straße- Durch Bäume ist es möglich größere Kfz Stellflächen vor Allem zum Vorteil von Nutzern und Betreibern entsprechend zu gliedern

Bäume definieren den Raum der Straße, sie können sowohl als Orientierungs- und Anhaltspunkte für Autofahrer dienen, als auch als nützliche Elemente für die Planungsvorhaben von großen Stellflächen eingesetzt werden


Mikroklima
  • Schatten von großkronigen Bäumen ist einer der wesentlichsten Einflussfaktoren für ein besseres Mikroklima
  • Parkplätze ohne Bäume und Begrünung sind oftmals Hitzeinseln und haben kein angenehmes Mikroklima. In den Sommermonaten erhitzen sich die versiegelten Oberflächen oft stark. Eine Beschattung von Parkplätzen mit Bäumen könnte zu einer erheblichen Verbesserung des Mikroklimas führen. Über Kühlung durch Transpiration wird die Aufenthaltsqualität verbessert, Transpiration entsteht durch die Verdunstung von Wasser über die Spaltöffnungen in den Blättern der Bäume. Dies ist aber erst bei größeren Begrünungsflächen erkennbar.
  • Bessere Luftqualität- Bäume produzieren im Zuge der Photosynthese Sauerstoff und nehmen Kohlenstoffdioxid aus ihrer Umgebung auf.
  • Bindung von Staub- Bäume können mit ihrer Blattoberfläche Staub aus der Luft binden.


Stadtklima

Wenn es in einer Gemeinde einen hohen Grünanteil und geringen Versiegelungsgrad gibt, die Straßen und Plätze mit Bäumen und Sträuchern gestaltet sind, kommt es im gesamten Stadtgebiet zu weniger Hitzetagen (≥ 30°C). Planer und auch Gemeinden sind gefordert, aus ökologischen, ökonomischen und aus soziokulturellen Gründen geeignete und nachhaltige Begrünungskonzepte für Freiräume zu entwickeln und auch umzusetzen.


Abfluss, Hochwasser

Um günstige Versickerungsbedingungen herzustellen kann Niederschlagswasser breitflächig, über Grünflächen zum Beispiel oder auch über möglichst wasserdurchlässige Belagsformen, gezielt ins Grundwasser rückgeführt werden. So bleibt die stadtklimatische Wirkung einer Fläche weitgehend erhalten und der Regenwasserabfluss kann minimiert werden.

Wie bereits bekannt, wirkt sich die zunehmende Bodenversiegelung auf die Erfüllung natürlicher Bodenfunktionen negativ aus. Die Wirkungen auf den urbanen Wasserhaushalt können allgemein wie folgt beschrieben werden (Wessolek 1988; Haase 2009):

  • Abnahme der realen Evapotranspiration durch Umwandlung von Vegetationsflächen und Verringerung der Oberflächenrauigkeit durch künstliche bzw. versiegelte Oberflächen
  • Minderung der effektiven Sickerwasserrate und damit des Basisabflusses mit zunehmendem Grad der Oberflächenversiegelung sowie
  • Zunahme des (schnellen) Oberflächenabflusses mit Zunahme des Anteils an versiegelter Fläche sowie zunehmendem Versiegelungsgrad


Lebensraum, Brutplatz und Nahrung für einheimische Wildtiere

(z. B. Insekten-, Spinnen-  und Vogelarten): 

Fledermausarten orientieren sich in der Stadt beispielsweise an den linearen Strukturen der Alleen.

  • Begleitende Maßnahmen:
  • Als Begleitmaßnahme sollte bei sämtlichen Bauprojekten ein Freiflächenplan erstellt werden. Dieser regelt wieviel Fläche jeweils versiegelt werden darf. Als Beispiel dienen wiederum die „Freiraumplanerischen Standards der Stadt Graz“: „Bauvorhaben sind fast immer mit Verlust an Boden, Freiflächen und Grünbereichen verbunden. Ein Freiflächenplan, der die bebauten und versiegelten Flächen den zu bepflanzenden und unversiegelten Flächen gegenüberstellt, liefert einen Überblick über die Gesamtsituation. Dadurch lässt sich der Versiegelungsgrad ermitteln und entsprechende Ausgleichsmaßnahmen können formuliert werden.“


Maßnahmen zur Ortskernstärkung
  • Reduktion von Stellplätzen- Die allgemeine Reduktion von Stellplätzen vor großen Einkaufszentren an den Ortsrändern kann auch dazu beitragen, die Kaufkraftabflüsse im zentrumsnahen Bereich etwas zu verringern. Denn ein größeres Angebot an Kfz- Parkplätzen verschafft Großmärkten schon von Beginn an einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.  
  • Das heißt: um größere Ströme in einer gewünschten Weise zu lenken oder ganz einfach möglichst positive Strukturen zu erschaffen.
  • Planung:
  • Wichtiges Gestaltungselement- Funktionale und optische Gliederung von Stadtstraßen und urbanen Platzsituationen


Abmessungen:

Die Parkfläche für einen PKW, wenn im 90° Winkel eingeparkt wird, ist 2,5 m breit und 5 m lang. Ist die Fläche schräg gelegt, wird in der Bereite etwas zugegeben, bei 60° gut 30 cm und bei 45° gut 100 cm. Hat man Reihen von 90° Stellplätzen, so sind Fahrgassen 6 m breit zu lassen; sind die Stellplätze 60° schräg gestellt, braucht die Fahrgasse dazwischen nur 4,5 m Breite. Für Behindertenparkplätze gibt es eine DIN 18040 für barrierefreies Bauen.


SIR05 02 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum
SIR05 02 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum
Skizze: Jeder fünfte Stellplatz ein Baum


Artenauswahl:

Die Wahl der Baumart sollte immer an den jeweiligen Standort angepasst werden. Dabei gibt es ein paar wesentliche Faktoren zu beachten. Erstens, das vorhandene Platzangebot im Kronen-, sowie auch im Wurzelbereich und auch das jeweils vorhandene Angebot von Nährstoffen und Wasser im Bodenbereich. Zweitens, die Resistenz verschiedener Arten gegenüber klimatischer Veränderungen und witterungsbedingter Einflüsse. Drittens, der verursachte Arbeitsaufwand von unterschiedlichen Baumarten (Früchte, Laub, Pflegeschnitt usw.). Und viertens auch noch die sicherheitstechnischen Aspekte, wenn zum Beispiel ein Baum an einem öffentlich zugänglichen und hochfrequentierten Standort gepflanzt wird, spielt die Frage der Verkehrssicherheit eine ganz entscheidende Rolle. Nach den genannten Gesichtspunkten betrachtet wurden von einem Experten folgende Arten zur Pflanzung auf Kfz-Parkplätzen empfohlen:

  • Hainbuche (besonders robust und stabile Wuchsform)
  • Linde (breite Kronenausformung- guter Schattenspender)
  • Ahorn (Kugelahorn für kleinere Wuchshöhen)
  • Eiche (Nachteil: Früchte)


Implementierung:

Verordnung Gemeinde, Gesetzliche Handhabe, Wie geht man vor, Wer kontrolliert


Beispiel Wien:

Förderung für Bezirke eingerichtet für das Pflanzen von Bäumen im Stadtgebiet, für aufwendige Pflanzmaßnahmen benötigt man ca. 15.000,- Euro / Baum (Quelle: Robert)


Beispiel Graz:

Es gibt zwei Möglichkeiten- erstens kann die Maßnahme in Form einer Verordnung in den Bebauungsplan aufgenommen werden, wobei die jeweilige Umsetzung dann durch die Baubehörde/Baupolizei geprüft werden muss- zweitens kann eine Maßnahme über den Fachbeirat für Baukultur in ein Projektverfahren implementiert werden (ist aber erst ab einer bestimmten Projektgröße möglich). Als Zusatz kann während einer bestimmten Auflagefrist des Bebauungsplanes auch noch ein Einspruch erhoben werden. Generell erfolgen die genannten Implementierungsschritte in Form von fachlichen Stellungnahmen der zuständigen Behörden oder Organisationen. Wenn ständig eine Behörde einen Einwand gegen eine andere Behörde einbringen muss, ist das jedoch auch keine elegante Lösung. Ein weiteres Problem ist, dass es nicht für alle Grundstücke einen Bebauungsplan gibt und dass die Vorgaben am Ende auch in irgendeiner Form messbar und überprüfbar sein müssen. Warum werden aber derartige Maßnahmen nicht generell gesetzlich verankert, dafür ist wahrscheinlich der Grund, dass mögliche höhere Kosten in der Umsetzung politisch nicht sehr populär erscheinen. (Dani- Graz, telef. 01.09.2020)  


Daraus folgt:

Bei der Neuanlage von Parkplätzen ist ab vier Kfz-Abstellplätzen mindestens ein Laubbaum zu pflanzen und dauerhaft zu erhalten. Der Mindestplatz pro Baum ist bei einer Lage zwischen zwei Parklätzen die Fläche eines Stellplatzes. Jede Gemeinde soll eine Verordnung erlassen, die dies bei jedem Bauansuchen einfordert und prüft.

 

SIR05 03 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum
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SIR05 04 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum
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SIR05 06 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum
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SIR05 07 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum
SIR05 07 Jeder fünfte Auto-Stellplatz ein Baum


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