19 Netz der Nahversorgung
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... dieses Muster beschreibt den schrittweisen Vorgang, Geschäfte und Dienste dort anzuordnen, wo sie gebraucht werden, und zwar so, dass sie das MOSAIK AUS SUBKULTUREN (8), die SUBKULTUR-GRENZEN (13), die dezentralisierte Wirtschaft, die für die STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN (9) erforderlich ist, und die LOKALVERKEHRSZONEN (11) stärken.
Geschäfte siedeln sich selten dort an, wo sie zugleich den Bedürfnissen der Menschen am besten entgegenkommen und ihren eigenen Bestand sichern.
Die Versorgung in großen Stadtteilen ist unzureichend. Neue Geschäfte, die diese Versorgung übernehmen könnten, lassen sich oft in der Nähe anderer Geschäfte und größerer Zentren nieder statt dort, wo sie gebraucht werden. In einer idealen Stadt, wo Geschäfte als gesellschaftliche Notwendigkeit und nicht bloß als Gewinnbringer für Ladenketten betrachtet würden, wären die Geschäfte viel besser und homogener verteilt als heute.
Ebenso ist es eine Tatsache, dass viele kleine Geschäfte sich nicht halten können. Zwei Drittel der kleinen Geschäfte gehen innerhalb eines Jahres nach Eröffnung wieder ein. Es ist klar, dass der Gemeinde mit unbeständigen Geschäften nicht gedient ist und dass ihre wirtschaftliche Unbeständigkeit viel mit Standortfehlern zu tun hat.
Um sowohl den Bestand als auch die bedarfsgerechte Verteilung der Geschäfte zu sichern, muss jedes neue Geschäft dorthin, wo es eine Lücke im Netz von Geschäften mit ähnlichem Angebot füllt, und es muss die zum Überleben erforderliche Mindestzahl von Kunden erwarten können. Wir versuchen nun, dieses Prinzip genau zu beschreiben.
Die Eigenschaften eines stabilen Versorgungssystems sind hinlänglich bekannt. Es beruht im wesentlichen auf der Vorstellung, dass jede Geschäftseinheit einen bestimmten Einzugsbereich hat - die Bevölkerung, die es zum Überleben braucht - und dass Einheiten von gegebener Art und Größe demnach dann beständig sein werden, wenn sie gleichmäßig verteilt sind: jede in der Mitte eines Einzugsbereichs, der sie erhalten kann.
Der Grund, warum Geschäfte und Einkaufszentren sich nicht immer automatisch entsprechend ihren Einzugsbereichen verteilen, ist leicht zu erklären. Stellen wir uns einen Strand im Sommer vor und irgendwo auf dem Strand einen Eisverkäufer. Versetzen wir uns nun in die Lage eines anderen Eisverkäufers:
Man kommt am Strand an. Wo soll man sich in Bezug zum ersten Eisverkäufer aufstellen? Es gibt zwei Möglichkeiten.
Im ersten Fall entscheiden wir uns im wesentlichen dafür, den Strand mit dem anderen Eisverkäufer zu teilen. Wir nehmen die eine Hälfte des Strandes und lassen ihm die andere. In diesem Fall stellen wir uns so weit weg von ihm wie möglich, an eine Stelle, wo die Hälfte der Leute am Strand zu uns näher haben als zu ihm.
Im zweiten Fall stellen wir uns direkt neben ihn. Wir entschließen uns, kurz gesagt, mit ihm zu konkurrieren, wir stellen uns so auf, dass wir den ganzen Strand beherrschen und nicht nur die Hälfte.
Jedes neue Geschäft oder Einkaufszentrum steht vor einer ähnlichen Wahl Es kann sich entweder in einem neuen Gebiet niederlassen, wo es keine konkurrierenden Unternehmen gibt, oder eben genau dort, wo die anderen Unternehmen bereits sind, in der Hoffnung, deren Kunden abzuwerben.
Das Problem ist, dass die Leute der zweiten Alternative zuneigen, weil sie auf den ersten Blick sicherer scheint. In Wirklichkeit aber ist die erste Entscheidung besser und auch sicherer. Sie ist besser für die Kunden, die jetzt Geschäfte näher bei ihren Wohnungen und Arbeitsstätten haben als vorher; und sie ist sicherer für die Geschäftsleute selbst, da ihre Geschäfte mit höherer Wahrscheinlichkeit überleben, wenn sie ohne Wettbewerb in der Mitte eines Einzugsbereichs stehen, der auf sie angewiesen ist.
Betrachten wir nun ein Netz mit solchen Eigenschaften im allgemeinen. In heutigen Städten neigen Geschäfte ähnlichen Typs zur Gruppierung in Einkaufszentren. Teilweise sind sie zur Gruppierung durch Flächenwidmungen gezwungen, die ihre Niederlassung in sogenannten Wohngebieten ausschließen; und sie begrüßen die Gruppierung wegen der falschen Auffassung, dass die Konkurrenz mit anderen Geschäften ihnen mehr nützt als die gleichmäßige Aufteilung der Kunden. Im "bewohnergerechten" Netz, das wir vorschlagen, sind Geschäfte viel gleichmäßiger verteilt. Der Nachdruck liegt weniger auf dem Wettbewerb und mehr auf der Versorgung. Natürlich gibt es dann immer noch Wettbewerb - jedenfalls genug, dass wirklich schlechte Geschäfte zugrunde gehen, weil jedes Geschäft aus dem nächsten Einzugsbereich Kunden anziehen kann, wenn es besseren Service bietet - aber der Akzent liegt auf der Zusammenarbeit und nicht auf dem Wettbewerb.
Um ein solches bewohnergerechtes Netz zu erzeugen, muss jedes Geschäft bei der Standortwahl nur folgendes dreistufige Verfahren befolgen:.
- Stell fest, welche anderen Geschäfte die gleichen Dienste anbieten wie du selbst; bezeichne sie auf der Karte.
- Stell die potentiellen Kunden fest und registriere ihren Standort. Womöglich gib die Dichte oder die Gesamtanzahl der potentiellen Kunden in jedem bestimmten Gebiet an.
- Such die größte Lücke im vorhandenen Netz von Geschäften, und zwar in den Gebieten mit potentiellen Kunden.
Zwei Kollegen haben die Effizienz und potentielle Beständigkeit von so entstandenen Netzen untersucht. ("Computer Simulation of Market Location in an Urban Area", S. Angel und F. Loetterle, CES files, Juni 1967.) Ihr Thema waren Märkte. Sie begannen mit einem bestimmten Gebiet, einer bekannten Bevölkerungsdichte und Kaufkraft sowie mit einer zufälligen Verteilung von Märkten verschiedener Größe, Sie führten in der Simulation neue Märkte ein und legten alte Märkte still, wobei sie nach folgenden Regeln vorgingen: 1) Beseitige von allen vorhandenen Märkten jene, deren Umsatz für ihre gegebene Größe nicht ausreicht. 2) Such unter allen möglichen Standorten neuer Märkte jene, die einen neuen Markt am ehesten tragen können. 3) Such für den neuen Markt die wirtschaftlich tragbare Größe, 4) Such unter allen nunmehr existierenden jenen Markt, der wirtschaftlich am wenigsten tragfähig ist, und entferne ihn aus dem Netz. 5) Wiederhole die Schritte 2) - 4), bis das Netz nicht mehr verbessert werden kann. Unter dem Einfluss dieser Regeln entsteht aus der anfänglich zufälligen Verteilung der Märkte allmählich eine fluktuierende, pulsierende Verteilung der Märkte, die in ihren Veränderungen wirtschaftlich stabil bleibt.
Nun werden, auch wenn die Geschäfte derselben Gattung durch dieses Verfahren voneinander getrennt werden, die Geschäfte verschiedener Gattungen zur Gruppierung neigen. Dies ist auf die Bequemlichkeit des Käufers zurückzuführen. Wenn wir die oben angegebenen Standortregeln befolgen - nämlich ein neues Geschäft immer in der größten Lücke des Netzes ähnlicher Geschäfte anzusiedeln -, dann bleibt innerhalb dieser Lücke immer noch eine Vielzahl möglicher Standorte; und natürlich werden wir uns bei der größten Gruppe anderer Geschäfte niederlassen, weil dort die Zahl der Passanten am größten ist, d. h. um den Käufern entgegen zukommen.
Auf diese Weise entstandene Gruppen sind von Berry genau untersucht worden. Es stellt sich heraus, daß die Größenordnungen dieser Gruppierungen bemerkenswert ähnlich sind, auch wenn ihr Abstand entsprechend der Bevölkerungsdichte stark variiert. (Siehe Geography oi Market Centers and Retail Distribution, B. Berry, Englewood Cliffs, New Jersey: Prentice-Hall, 1967, S. 32 - 33.) Die Elemente in diesem Gruppierungsnetz entsprechen ziemlich genau dem in unserer Sprache definierten Muster,
Daraus folgt:
Folg bei der Standortwahl irgendeines einzelnen Geschäfts
einem dreistufigen Verfahren:
- fest, welche anderen Geschäfte die gleichen Dienste anbieten wie du selbst. Bezeichne sie auf der Karte.
- Stell die potentiellen Kunden fest und registriere ihren Standort. Gib womöglich die Dichte oder die Gesamtzahl der potentiellen Kunden in jedem bestimmten Gebiet an.
- Such die größte Lücke im vorhandenen Netz von Geschäften, und zwar in den Gebieten mit potentiellen Kunden.
- Innerhalb dieser Lücke platziere dein Geschäft bei der größten Gruppe von Geschäften anderer Art.
Wir nehmen an, dass bei Anwendung dieser Regel ein Netz von Geschäften entstehen wird, das folgende allgemeine Merkmale aufweist:
Bevölkerung | Entfernung | |
DER ZAUBER DER STADT (10) | 300.000
50.000 10.000 4.000 1.000 |
15,0 km²
6,0 km² 3,0 km² 1,8 km² 0,8 km² |
*) Diese Entfernungen sind für eine Bevölkerungsdichte von 2000 EW /km² gerechnet. Für eine Bevölkerungsdichte von D EW/km² dividiere die Entfernungen durch √D/2000
Muster: Städte
5 MASCHENNETZ VON LANDSTRASSEN
14 IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT
36 ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT
41 GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN
43 UNIVERSITÄT ALS OFFENER MARKT
45 KRANZ VON GEMEINSCHAFTSPROJEKTEN
46 MARKT MIT VIELEN GESCHÄFTEN
49 ÖRTLICHE STRASSEN IN SCHLEIFEN
52 NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN
68 SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN
69 ÖFFENTLICHES ZIMMER IM FREIEN
80 SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS
81 KLEINE UNBÜROKRATISCHE DIENSTLEISTUNGEN
89 LEBENSMITTELGESCHÄFT AN DER ECKE
94 SCHLAFEN IN DER ÖFFENTLICHKEIT