23 Parallele Straßen
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... in früheren Mustern haben wir vorgeschlagen, dass Städte in Lokalverkehrszonen unterteilt werden, deren Straßen zwar an die Ringstraßen anschließen, aber interne Fahrten durch das Gebiet verhindern — LOKALVERKEHRSZONEN (11), RINGSTRASSEN (17) —, und daß diese Lokalverkehrszonen weiter in Gemeinden und Nachbarschaften unterteilt sind, wobei alle Hauptstraßen in den Grenzen zwischen Gemeinden und Nachbarschaften liegen — SUBKULTUR-GRENZE (13), NACHBARSCHAFTSGRENZE (15). Wie sollen diese Straßen nun angeordnet sein, um den Verkehrsfluss im Sinne der LOKALVERKEHRSZONEN (11) zu steuern und die Grenzen der kleineren Einheiten aufrechtzuerhalten?
Das rasterförmige Straßenmuster ist überholt. Die Städte ersticken im Verkehrsstau. Autos können auf Schnellstraßen durchschnittlich 100 km/h erreichen, aber bei Fahrten durch die Stadt liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit nur bei 15-25 km/h.
In vielen Fällen wollen wir freilich die Autos loswerden, statt sie schneller zu machen. Dieser Punkt wird in LOKALVERKEHRS-ZONEN (11) ausführlich behandelt. Aber außerhalb der Bereiche, wo Kinder spielen, Leute gehen oder Radfahren, muss es trotzdem bestimmte Straßen geben, auf denen Autos fahren. Die Frage ist: wie müssen diese Straßen beschaffen sein, damit sie von Autos rasch und ohne Stau befahren werden können?
Es stellt sich heraus, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit auf heutigen Straßen vor allem durch Querverkehr eingeschränkt wird: durch Linksabbiegen über die Gegenverkehrs-richtung und Vier-Richtungs-Kreuzungen. (G. F. Newell, „The Effect of Left Turns an the Capacity of Traffic Intersection", Quarterly of Applied Mathematics, XVII, April 1959, S. 67-76.)
Um den Verkehr zu beschleunigen, muss man also ein Netz von Hauptstraßen schaffen, in dem es keine Vier-Richtungs-Kreuzungen und kein Linksabbiegen über den Gegenverkehr gibt. Das ist leicht zu erreichen, wenn die Hauptstraßen als parallele Einbahnen mit wechselnder Richtung in einem Abstand von vielleicht 100 m angelegt werden und wenn diese Parallelstraßen nur durch größere Schnellstraßen verbunden sind, die sie in Abständen von 3-5 km queren.
Dieses Muster ist in drei Publikationen ausführlich dargestellt worden („The Pattern of Streets", C. Alexander, AIP Journal, September 1966; Criticism by D. Carson und P. Roosen Runge, und Alexanders Antwort in AIP Journal, September 1967). Für die vollständige Ableitung aller Entwurfsdetails verweisen wir auf diese Arbeiten. Die Darstellung hier ist eine stark zusammengefasste Version. Wir konzentrieren uns auf die irreführende Frage der erforderlichen Umwege, weil das für viele Leute der überraschendste Aspekt des ganzen Gedankengangs ist.
Das Muster der parallelen Straßen enthält keine Querstraßen gleichen Ranges und verursacht daher viele Umwege, die im heutigen Rastermuster nicht nötig sind. Auf den ersten Blick scheint es, als wären diese Umwege unzumutbar lang. In den oben genannten Arbeiten wird genau nachgewiesen, dass sie sich in Grenzen halten. Wir fassen die Argumente zusammen.
*) Die Daten für die Verteilung der Fahrtlängen erhielten wir von*) Die Daten für die Verteilung der Fahrtlängen erhielten wir von Edward M. Hall: "Travel Characteristics of Two San Diego Suburban Developments", Hlghway Research Board Bulletin 2039, Washington, D.C., 1958, S. 1-19, Bild 11. Diese Daten sind typisch für Großstadtgebiete der westlichen Welt.
Die wahrscheinliche Länge des Umwegs für eine beliebige Fahrt gegebener Länge kann in unserem System paralleler Straßen als Funktion der Entfernung zwischen den kreuzenden Schnellstraßen berechnet werden. Weiters kann die Wahrscheinlichkeit jeder bestimmten Fahrtlänge aus Erhebungen von Fahrten in Großstadtbereichen entnommen werden. Aus diesen Wahrscheinlichkeiten kann man schließlich eine durchschnittliche Fahrtlänge und durchschnittliche Umwege berechnen.
Wir sehen also, dass sogar, wenn die kreuzenden Schnellstraßen 3 km voneinander entfernt sind, die Umwege wegen der fehlenden Querstraßen nur 5% betragen. Gleichzeitig aber steigt die Durchschnittsgeschwindigkeit der Fahrten von 25 km/h auf 75 km/h, also auf das Dreifache. Die bedeutende Zeit- und Kraftstoffersparnis rechtfertigt die geringe Zunahme der Weglänge bei weitern.
Auf der Tabelle der Umwege wird man auch bemerken, dass die längsten Umwege bei den kürzesten Fahrten stattfinden. Wir haben schon früher — LOKALVERKEHRSZONEN (11)— dargelegt, dass man zur Erhaltung der städtischen Umweltqualität den Gebrauch des Autos für sehr kurze Fahrten einschränken und stattdessen das Gehen, Radfahren, Autobusse und Pferde fördern muss. Das Muster der parallelen Straßen passt also genau zu den Bedürfnissen der Lokalverkehrszonen. Es macht längere Fahrten viel effizienter, erschwert dagegen sehr kurze Fahrten mit dem Auto und schafft so genau die innere Verkehrsstruktur, die die Lokalverkehrszonen brauchen.
Das Muster erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich; tatsächlich ist es in vielen Teilen der Welt bereits vorhanden und hat sich bewährt. Bern z.B. ist eine der wenigen europäischen Städte, die nicht an akuten Verkehrsproblemen leiden. Auf einem Stadtplan von Bern sieht man, daß seine Altstadt aus fünf langen parallelen Straßen gebildet ist und fast keine Querstraßen hat. Wir glauben, dass dieses Muster der Grund für die geringe Überlastung der Altstadt ist. In vielen großen Städten wird heute dieser Einsicht in Form von immer zahlreicheren Einbahnen schrittweise Rechnung getragen: in New York die abwechselnden Einbahnen der Avenues, in der Innenstadt von San Francisco die Einbahnen der Hauptstraßen.
Daraus folgt:
Innerhalb einer Lokalverkehrszone leg überhaupt Innerhalb einer Lokalverkehrszone leg überhaupt keine kreuzenden Hauptstraßen an; errichte statt dessen ein System von parallelen Einbahnen in wechselnder Richtung, die den Verkehr zu den RINGSTRASSEN (17) weiterleiten. In bestehenden Städten bau diese Struktur schrittweise auf, indem Hauptstraßen nach und nach als Einbahnen geführt und querende Straßen auf-gelassen werden. Leg die parallelen Straßen mindestens 100 m auseinander (damit Nachbarschaften da-zwischen Platz haben), aber nicht weiter als 300 oder 400 m.
Die Parallelstraßen sind die einzigen Durchfahrtsstraßen in einer LOKALVERKEHRSZONE (11). Für die Zufahrt von den parallelen Straßen zu öffentlichen Gebäuden, Hausgruppen und Einzelhäusern leg sichere, langsame, schmale Straßen, jedoch keine Durchfahrtsstraßen an — ÖRTLICHE STRASSEN IN SCHLEIFEN (49), GRÜNE STRASSEN (51) — und mach ihre Kreuzungen mit den Parallelstraßen T-förmig — T-KREUZUNGEN (50). Leg das Fußwegesystem rechtwinkelig zu den parallelen Straßen, und zwar überall dort, wo die beiden parallel laufen, in erhöhter Lage — NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN (52), ERHÖHTER GEHWEG (55). Sieh eine STRASSENÜBERQUERUNG (54) vor, wo Wege die Parallelstraßen kreuzen
Muster: Städte
5 MASCHENNETZ VON LANDSTRASSEN
14 IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT
36 ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT
41 GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN
43 UNIVERSITÄT ALS OFFENER MARKT
45 KRANZ VON GEMEINSCHAFTSPROJEKTEN
46 MARKT MIT VIELEN GESCHÄFTEN
49 ÖRTLICHE STRASSEN IN SCHLEIFEN
52 NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN
68 SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN
69 ÖFFENTLICHES ZIMMER IM FREIEN
80 SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS
81 KLEINE UNBÜROKRATISCHE DIENSTLEISTUNGEN
89 LEBENSMITTELGESCHÄFT AN DER ECKE
94 SCHLAFEN IN DER ÖFFENTLICHKEIT