75 Die Familie

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DIE FAMILIE
DIE FAMILIE


... einmal angenommen, wir haben uns entschlossen, ein Haus für uns selbst zu bauen. Wenn es richtig situiert ist, kann es dazu beitragen, eine Hausgruppe zu bilden oder eine Reihe von Häusern oder einen Wohnhügel — HAUSGRUPPE (37), REIHENHÄUSER (38), WOHNHÜGEL (39) —, oder es kann zum Leben einer Gemeinschaft von Arbeitsstätten beitragen — WOHNEN DAZWISCHEN (48). Das folgende Muster gibt einige elementare Informationen über den sozialen Charakter des eigentlichen Haushalts. Wenn die Verwirklichung dieses Musters gelingt, wird es die Muster LEBENSZYKLEN (26) und MISCHUNG DER HAUSHALTE (35) in der Gemeinde wiederherstellen.


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Die Kernfamilie selbst ist keine lebensfähige soziale Form.


Bis vor wenigen Jahren beruhte die menschliche Gesellschaft auf der erweiterten Familie: einer Familie von mindestens drei Generationen, mit Eltern, Kindern, Großeltern, Onkeln, Tanten und Cousins — alle in einem einzelnen oder locker verbundenen Mehrfachhaushalt lebend. Heute dagegen ziehen Leute hunderte Kilometer weit weg, um zu heiraten, sich ausbilden zu lassen und zu arbeiten. Unter diesen Umständen bleibt nur jene Familieneinheit übrig, die man Kernfamilie nennt: Vater, Mutter und Kinder. Und viele davon lösen sich durch Scheidung und Trennung noch weiter auf.


Leider sieht es so aus, dass die Kernfamilie keine lebensfähige soziale Form ist. Sie ist zu klein. Jede Person in einer Kernfamilie ist zu eng an andere Familienmitglieder gebunden; jede Beziehung, die gestört ist, wenn auch nur für Stunden, wird kritisch; Leute können sich nicht einfach ab- und einem Onkel, einer Tante, Enkeln, Cousinen, Brüdern zuwenden. Im Gegenteil, jede Schwierigkeit schlingt die Familieneinheit in eine immer engere Spirale des Unbehagens; die Kinder werden Opfer aller Arten von Abhängigkeiten und ödipalen Neurosen; die Eltern werden so abhängig voneinander, dass sie schließlich gezwungen sind, sich zu trennen.


Philip Slater beschreibt diese Situation für amerikanische Familien und findet unter den Erwachsenen der Familien, besonders den Frauen, ein schreckliches, schwelendes Mangelgefühl. Es sind einfach nicht genug Menschen da, es gibt zu wenig gemeinschaftliche Aktion, um der alltäglichen Erfahrung im Haus Tiefe und Fülle zu geben (Philip E. Slater, The Pursuit of Loneliness, Boston: Beacon Press, 1970, insbesondere S. 67).


Es scheint wesentlich zu sein, dass Leute in einem Haushalt. mindestens ein Dutzend Personen um sich herum haben, um den Beistand und die Beziehungen zu finden, die sie während ihrer Höhen und Tiefen brauchen. Da die alte erweitere Familie auf der Basis der Blutsverwandtschaft — zumindest derzeit `verschwunden ist, ist das nur möglich, wenn Kleinfamilien, Paare und Alleinstehende sich zu freiwilligen „Familien" von etwa zehn Personen verbinden.

In seinem letzten Buch, Eiland, stellte Aldous Huxley eine solche Entwicklung in einer liebenswerten Vision dar:


Wie viele Heime hat denn ein palanesisches Kind?"

„Im Durchschnitt zwanzig."

„Zwanzig? Donnerwetter!"

„Wir alle", erklärte Susila weiter, „gehören einem KAG an — einem,. Kinderpflegeverein auf Gegenseitigkeit. Jeder KAG besteht aus fünf zehn bis fünfundzwanzig ausgesuchten Paaren. Neugewählte jungverheiratete Frauen und ihre Ehegatten, langjährige Partner mit heranwachsenden Kindern, Großeltern und Urgroßeltern — jedes Vereinsmitglied adoptiert alle anderen. Abgesehen von unsern eignen Blutsverwandten haben wir alle unsere Quote von Vize-Müttern, -Vätern -Tanten und -Onkeln, -Brüdern und -Schwestern, Babys und älteren Kindern und Halbwüchsigen."

Will sagte Kopfschüttelnd: „Zwanzig Familien zu gründen an Stelle einer einzigen wie früher!"

„Aber früher wuchs eure Art von Familie auf. Die zwanzig sind von. unsrer Sorte." Und dann fuhr sie fort: „,Man nehme einen sexuell unzulänglichen Lohnsklaven, eine unbefriedigte Frau, zwei oder (wenn gewünscht) drei kleine Fernsehsüchtige; mariniere sie in einer Mischung von Freud und verwässertem Christentum; dann verschließe man alles gut in einer Vierzimmerwohnung und lasse es fünfzehn Jahre lang im eignen Saft schmoren . . . Unser Rezept unterscheidet sich einigermaßen davon. ,Man nehme zwanzig sexuell befriedigte Ehepaare und ihre Sprösslinge; mische zu gleichen Teilen Wissenschaft, Intuition und Humor bei; tauche das Ganze in tantrischen Buddhismus und lasse es unbegrenzt lange auf offener Pfanne im Freien über einer kräftigen Flamme von Zuneigung gar werden."


„Und was kommt aus Ihrer offenen Pfanne?" fragte er.

„Eine gänzlich andere Art von Familie. Keine hermetisch abgeschlossene wie bei euch, und keine vorbestimmte, zwangsmäßige, sondern eine aufgeschlossene, nicht vorbestimmte und freiwillig einander zugehörige Familie. Zwanzig Elternpaare, acht oder neun Ex-Väter und Ex-Mütter und eine Gruppe von vierzig bis fünfzig ausgesuchten Kindern jeden Alters." (Aldous Huxley, Island., 1962; dt. Eiland., München: Serie Piper, 1984, S. 108f.)


Der bauliche Rahmen für eine große Wahlfamilie muss zwischen Privatheit und Gemeinschaftlichkeit ein Gleichgewicht bieten. Jede kleine Familie, jede Person, jedes Paar braucht einen privaten Bereich, je nach ihren räumlichen Bedürfnissen fast einen eigenen privaten Haushalt. Nach unserer Erfahrung haben die Gruppen der Kommunenbewegung dieses Bedürfnis nach Privatheit nicht ernst genug genommen. Es wurde achselzuckend übergangen als etwas, das überwunden werden müsse:. Es ist aber ein tiefes und grundlegendes Bedürfnis; und wenn der bauliche Rahmen nicht jeder Person und jedem kleinen Haushalt erlaubt, sich in dieser Dimension einzuspielen, dann gibt es eben Ärger. Wir schlagen deshalb vor, dass Einzelpersonen, Paare, junge und alte Leute - also jede Untergruppe - ihre eigenen, rechtlich unabhängigen Haushalte haben; in manchen Fällen sogar baulich abgetrennte Haushalte und Häuschen, mindestens aber abgetrennte Räume, Suiten öder Stockwerke.


Die privaten Bereiche sind dann gegen die gemeinschaftlichen Räume und Funktionen abgesetzt. Die wichtigsten Gemeinschaftsräume sind die Küche, der Sitz- und Essplatz und der Garten. Gemeinsame Mahlzeiten, wenigstens einige Abende in der Woche, scheinen für den Zusammenhalt der Gruppe die wichtigste Rolle zu spielen. Die Mahlzeiten und die Zeit zum Zubereiten schaffen jenes zwanglose Zusammensein, wo alles gemütlich besprochen werden kann: die Kinderangelegenheiten, Reparaturarbeiten, Projekte etc. - siehe GEMEINSAMES ESSEN (147).


Das würde eine große Wohnküche wie im Bauernhaus nahelegen - dort, wo die Hauptwege zusammenlaufen, wo jeder sich natürlicherweise am Ende des Tages einfinden würde. Je :nach der Lebensweise der Familie könnte das ein abgetrenntes Gebäude mit Werkstätte und Garten sein oder ein Flügel des Hauses oder das ganze Erdgeschoß eines zwei- oder dreigeschossigen Gebäudes.


Es spricht einiges dafür, dass in der Gesellschaft bereits Prozesse der Entstehung großer Gruppenhaushalte im Gange sind (vgl. Pamela Hollie, „More families share houses with others enhance life style, Wall Street Journal, 7. Juli 1972).


Ein Weg, das Entstehen von Wahlfamilien anzuspornen wenn jemand sein Haus oder sein Zimmer oder seine Wohnung abgibt oder verkauft, sagt er es zunächst seiner Umgebung - den Nachbarn. Die Nachbarn haben dann das Recht ihrerseits Freunde zu finden, die das Objekt übernehmen und so die „Familie" erweitern wollen. Wenn Freunde einzieht können, können sie es selbst einrichten, wie die Familie und ihre Gemeinschaftsräume etc. funktionieren. Sie können eh Verbindung zwischen Häusern oder Wohnungen bauen, eine Wand abreißen, ein Zimmer anbauen. Wenn die unmittelbar Umgebung in einigen Monaten keinen Käufer findet, geht das Objekt zurück an den normalen Wohnungsmarkt.



Daraus folgt:



Setz Prozesse in Gang, die das Entstehen von gemeinschaftlichen Haushalten aus Gruppen von 8 bis 12 Leuten anspornt. Morphologisch gesehen ist dabei wichtig:

  1. Privatbereiche für die Gruppen und Einzelpersonen, aus denen die erweitere Familie bestehe Bereiche für Paare, Privaträume, Sub-Haushalte, Kleinfamilien.

  2. Gemeinsamer Raum für Aktionen, an denen alle teilnehmen: Kochen, gemeinsame Arbeiten, Gartenarbeit, Aufsicht der Kinder.

  3. Wo die wichtigen Wege auf dem Grundstück zusammenlaufen, eine Stelle, wo die ganze Gruppe sich treffen und zusammensitzen kann.


Illustration aus „A Pattern Language“
Illustration aus „A Pattern Language“


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Jeder einzelne Haushalt innerhalb der größeren Familie muss auf jeden Fall ein eigenes, klar definiertes Territorium haben, das ihm untersteht - DAS EIGENE HEIM (79); behandle die einzelnen Territorien der Natur der einzelnen Haushalte entsprechend - HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE (76), HAUS FÜR EIN PAAR (77), HAUS FÜR EINE PERSON (78); und leg dazwischen gemeinschaftlichen Raum an, wo die Mitglieder der verschiedenen kleineren Haushalte einander treffen und zusammen essen können - GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129), GEMEINSAMES ESSEN (147). Was die Form des Gebäudes, der Gärten, der Parkplätze und der Umgebung betrifft, fang mit GEBÄUDEKOMPLEX (95) an

Muster: Städte


1 UNABHÄNGIGE REGIONEN

2 DIE VERTEILUNG DER STÄDTE

3 STADT-LAND-FINGER

4 LANDWIRTSCHAFTSTÄLER

5 MASCHENNETZ VON LANDSTRASSEN

6 KLEINSTÄDTE

7 DAS LAND

8 MOSAIK AUS SUBKULTUREN

9 STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN

10 DER ZAUBER DER STADT

11 LOKALVERKEHRSZONEN

12 GEMEINDE VON 7000

13 SUBKULTUR-GRENZE

14 IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT

15 NACHBARSCHAFTSGRENZE

16 ÖFFENTLICHES VERKEHRSNETZ

17 RINGSTRASSEN

18 NETZWERK DES LERNENS

19 NETZ DER NAHVERSORGUNG

20 MINI-BUSSE

21 HÖCHSTENS VIER GESCHOSSE

22 NEUN PROZENT PARKPLÄTZE

23 PARALLELE STRASSEN

24 HEILIGE STÄTTEN

25 ZUGANG ZUM WASSER

26 LEBENSZYKLUS

27 MÄNNER UND FRAUEN

28 EXZENTRISCHER KERN

29 RINGE VERSCHIEDENER DICHTE

30 KNOTEN DER AKTIVITÄT

31 PROMENADE

32 EINKAUFSSTRASSE

33 NACHT33LEBEN

34 UMSTEIGESTELLE

35 MISCHUNG DER HAUSHALTE

36 ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT

37 HAUSGRUPPE

38 REIHENHÄUSER

39 WOHNHÜGEL

40 ÜBERALL ALTE MENSCHEN

41 GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN

42 INDUSTRIEBAND

43 UNIVERSITÄT ALS OFFENER MARKT

44 LOKALES RATHAUS

45 KRANZ VON GEMEINSCHAFTSPROJEKTEN

46 MARKT MIT VIELEN GESCHÄFTEN

47 GESUNDHEITSZENTRUM

48 WOHNEN DAZWISCHEN

49 ÖRTLICHE STRASSEN IN SCHLEIFEN

50 T-KREUZUNGEN

51 GRÜNE STRASSEN

52 NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN

53 HAUPTORTE

54 STRASSENÜBERQUERUNG

55 ERHÖHTER GEHWEG

56 RADWEGE UND STÄNDER

57 KINDER IN DER STADT

58 VERGNÜGUNGSPARK

59 RUHIGE HINTERSEITEN

60 ERREICHBARE GRÜNFLÄCHE

61 KLEINE PLÄTZE

62 AUSSICHTSPUNKTE

63 TANZEN AUF DER STRASSE

64 TEICHE UND BÄCHE

65 GEBÄRHÄUSER

66 GEHEILIGTER BODEN

67 GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN

68 SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN

69 ÖFFENTLICHES ZIMMER IM FREIEN

70 GRABSTÄTTEN

71 STEHENDES WASSER

72 LOKALER SPORT

73 ABENTEUERSPIELPLATZ

74 TIERE

75 DIE FAMILIE

76 HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE

77 HAUS FÜR EIN PAAR

78 HAUS FÜR EINE PERSON

79 DAS EIGENE HEIM

80 SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS

81 KLEINE UNBÜROKRATISCHE DIENSTLEISTUNGEN

82 VERBINDUNG ZWISCHEN BÜROS

83 MEISTER UND LEHRLINGE

84 TEENAGER-GESELLSCHAFT

85 LADENSCHULEN

86 KINDERHAUS

87 GESCHÄFTE IN PRIVATBESITZ

88 STRASSENCAFE

89 LEBENSMITTELGESCHÄFT AN DER ECKE

90 BIERHALLE

91 GASTHOF

92 BUSHALTESTELLE

93 IMBISSSTÄNDE

94 SCHLAFEN IN DER ÖFFENTLICHKEIT