28 Exzentrischer Kern
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... wir haben der Stadt bereits eine Höhenbeschränkung auferlegt und damit die durchschnittliche Dichte begrenzt — HÖCHSTENS VIER GESCHOSSE (21). Wenn wir weiters Hauptzentren für je 300.000 Einwohner annehmen, verteilt nach den Regeln in DER ZAUBER DER STADT (10), so folgt daraus, dass die Dichte der Stadt außerhalb dieser Zentren abnimmt: die höchste Dichte nahe den Zentren, die niedrigste entfernt davon. Demnach hat jede einzelne GEMEINDE VON 7000 (12) eine durch ihre Entfernung vom nächsten Stadtkern gegebene Gesamtdichte. Es erhebt sich die Frage: Wie soll die Dichte innerhalb dieser Gemeinde lokal variieren; welches geometrische Muster soll die Dichteverteilung haben? Das Problem wird durch das Prinzip der SUBKULTUR-GRENZE (13) ziemlich erschwert, nach welchem die Gemeinschaftseinrichtungen außen um die Gemeinde liegen sollen und nicht in ihrer geometrischen Mitte. Dieses Muster und das nächste beschreiben eine örtliche Dichteverteilung, die mit dieser Anforderung vereinbar ist.
Die zufällige Verteilung örtlicher Dichten verunklärt die Identität unserer Gemeinden und verursacht ein Chaos im Muster der Bodennutzung.
Betrachten wir einmal die typische Konfiguration der Wohndichten in einer Stadt. Im ganzen besteht ein Dichtegefälle: Die Dichten sind hoch gegen das Zentrum und niedriger gegen die Außenbezirke. Aber innerhalb dieses Gesamtgefälles gibt es keine erkennbare Struktur; es wiederholt sich kein klar erkennbares Muster. Vergleichen wir das mit der Kontur einer Bergkette. Eine Bergkette hat weitgehend erkennbare Strukturen: Wir sehen Kämme und Täler, Vorgebirge, Niederungen, Spitzen, die auf natürliche Weise aus geologischen Vorgängen entstanden sind. Alle diese Strukturen wiederholen sich immer wieder innerhalb des Ganzen, von Stelle zu Stelle.
Das ist selbstverständlich nur eine Analogie. Aber die Frage stellt sich doch: Ist es natürlich und richtig, wenn Dichtekonfigurationen in einer Stadt so zufällig sind? Wäre es für eine Stadt nicht besser, wenn das Muster der Dichten eine deutlich sichtbare klare Struktur mit einer Art systematischer Variation hätte?
Was geschieht bei der gegenwärtigen wuchernden und unzusammenhängenden Variation der örtlichen Dichten? Die Dichtengebiete, die potentiell intensive Aktivität hervorbringen könnten, sind daran gehindert, weil sie zu weit verstreut sind. Und die Gebiete niedriger Dichte, potentielle Träger von Stille und Gelassenheit, wenn sie beisammen liegen würden, sind ebenso weit verstreut. Das Ergebnis: in der Stadt gibt es weder besonders intensive Aktivität noch besonders intensive Ruhe. Wir haben viele Hinweise darauf, wie lebenswichtig es für eine Stadt ist, den Leuten sowohl intensive Aktivität wie tiefe und befriedigende Ruhe zu bieten — HEILIGE STÄTTEN (24), KNOTEN DER AKTIVITÄT (30), PROMENADE (31), RUHIGE HINTERSEITEN (59), STEHENDES WASSER (71). Es ist also sehr wahrscheinlich, dass diese zufällige Dichteverteilung dem städtischen Leben schadet.
Tatsächlich meinen wir, dass es für eine Stadt viel besser wäre, wenn ihre Dichteverteilung ein schlüssiges Muster hätte. Wir stellen einmal die Faktoren systematisch zusammen, die einen Einfluss auf das Dichterauster haben könnten. Vielleicht zeigt sich, welche Art von zusammenhängendem Muster vernünftig und brauchbar ist. Der Gedankengang besteht aus fünf Schritten.
- Wir können annehmen, dass es in jeder Gemeinde von '7000 mindestens ein Zentrum von lokalen Dienstleistungen geben wird. Dieses Zentrum wird normalerweise von der Art sein, die wir als EINKAUFSSTRASSE (32) bezeichnen. In NETZ DER NAHVERSORGUNG (19) haben wir gezeigt, dass Einkaufsstraßen je 10.000 Einwohner versorgen konnten.
- Aus den Überlegungen in SUBKULTUR-GRENZE (13) wissen wir, dass dieses Zentrum, da es eine Dienstleistung darstellt, im Grenzstreifen zwischen Subkulturen liegen sollte. Es sollte zur Bildung der Grenze zwischen Subkulturen beitragen und des-halb im Grenzgebiet liegen — nicht innerhalb der Gemeinde, sondern zwischen Gemeinden.
- Dieses Zentrum muss genau in jenem Teil der Grenze liegen, der dem Zentrum der größeren Stadt am nächsten ist. Das ergibt sich aus einer höchst interessanten, aber wenig bekannten Untersuchung, die zeigt, dass Einzugsbereiche von Einkaufszentren nicht kreisförmig sind, wie man naiverweise annehmen würde, sondern halbkreisförmig. Der Halbkreis befindet sich auf der der zentralen Stadt abgewandten Seite des Zentrums, weil die Leute immer in jenes Einkaufszentrum gehen, das in der Richtung zum Stadtzentrum liegt, nicht aber in das zur Peripherie hin gelegene.
Dieses Phänomen wurde ursprünglich von Brennan in seinen Studien über Wolverhampton entdeckt (T. Brennan, Midland City, London: Dobson, 1948). Seit damals ist es durch mehrere Autoren bestätigt und weiter untersucht worden, vor allem durch Terence Lee: „Perceived Distance as a Function of Direktion in the City", Environment and Behavior, Juni 1970, S. 40-51. Lee zeigte, dass das Phänomen nicht nur mit der Tatsache zusammenhängt, dass die Leute die Straßen und Wege in Richtung zum Zentrum einfach besser kennen und öfter benützen. Vielmehr ist die Entfernungswahrnehmung selbst in den beiden Richtungen verschieden: Entfernungen auf Strecken in der Richtung zum Zentrum werden als kürzer empfunden als Entfernungen auf Strecken in Richtung vom Zentrum weg. Da wir zweifellos wollen, dass die Gemeinde mit dem Einzugsbereich ihres „Zentrums" übereinstimmt, ist es also wichtig, dass das Zentrum außermittig liegt - eben an jener Stelle der Gemeinde, die dem Zentrum der größeren Stadt zugewandt ist. Das ist sicherlich mit der oben beschriebenen Vorstellung vereinbar, dass das Zentrum in der Grenzzone der Gemeinde liegen sollte. - Wenn nun auch das Zentrum auf einer Seite der Gemeinde liegt und eine ihrer Grenzen bildet, können wir dennoch annehmen, dass das Zentrum ein wenig in die Gemeinde hineinragen muss. Dies deshalb, weil - wenn auch Dienstleistungen an der Grenze der Gemeinde und nicht in ihrer Mitte liegen sollen - doch ein Bedürfnis besteht, sich das psychologische Zentrum der Gemeinde irgendwie auch als geometrischen Schwerpunkt vorzustellen. Wenn wir das Grenzgebiet zur geometrischen Mitte hin ausbuchten, dann wird diese Achse auf natürliche Weise ein Zentrum bilden, und außerdem wird dessen Einzugsbereich entsprechend den erwähnten Gegebenheiten beinahe perfekt mit der Gemeinde übereinstimmen
- Schließlich, obwohl wir wissen, dass das Zentrum hauptsächlich in der Grenze liegen muss, wissen wir nicht genau, wie groß es wirklich sein muss. Am Stadtrand, wo die Gesamtdichte niedrig ist, wird das Zentrum klein sein. Im Stadtinneren, wo die Gesamtdichte höher ist, wird es größer sein, weil die höhere Bevölkerungsdichte mehr Dienstleistungen erfordert. In beiden Fällen wird es in der Grenzzone liegen. Wenn es zu groß ist, um an einem Punkt konzentriert zu sein, wird es sich zwanglos entlang der Grenze ausdehnen, aber immer innerhalb des Grenzbereichs. Es wird dabei einen Halbmond, eine sichel- oder hufeisenförmige Form bilden, länger oder kürzer, je nach seiner Lage im größeren Stadtzusammenhang.
Diese Regeln sind ziemlich einfach. Wenn wir sie anwenden, bekommen wir eine schöne Abfolge sich überlappender, ineinander verzahnter Hufeisen, ähnlich wie Fischschuppen. Wenn die Stadt allmählich diese schlüssige Struktur annimmt, können wir eine so klare Artikulation von dichten und weniger dichten Gebieten erwarten, dass sowohl der Zustand der Aktivität wie der der Ruhe möglich ist. Jeder dieser Zustände ist intensiv, unvermischt und für jeden leicht erreichbar.
Daraus folgt:
Steuere Wachstum und Dichteentwicklung so, dass sich eine klare Konfiguration von Gipfeln und Tälern ergibt. Wende dabei folgende Regeln an:
- Betrachte die Stadt als eine Ansammlung von Gemeinden von 7000. Diese Gemeinden haben je nach ihrer Gesamtdichte einen Durchmesser von 1/2 - 3 km.
- Stell an der Grenze jeder Gemeinde den Punkt fest, der am kürzesten Weg zum nächsten städtischen Hauptzentrum liegt. Dieser Punkt wird den Dichte-Höhepunkt und den Ansatzpunkt des „exzentrischen" Kerns bilden.
- Lass zu, dass die Zone hoher Dichte sich aus der Grenze zum Schwerpunkt der Gemeinde hin ausbuchtet, sodass der exzentrische Kern sich zum Zentrum hin vergrößert.
- Verlängere die Zone hoher Dichte, sodass entlang der Grenze ein hufeisenförmiger Grat entsteht. Die Länge des Hufeisens hängt von der Gesamt-dichte an dieser Stelle der Stadt ab, sodass die Hufeisen mit ihren Ausbuchtungen eine Abfolge bilden, je nach ihrer Lage in der Region. Jene in der Nähe eines größeren Stadtzentrums sind fast voll ausgebildet; die in weiterer Entfernung nur halb; und jene in größter Entfernung von Zentren sind 'auf einen Punkt zusammengeschrumpft.
Wenn diese allgemeine Gliederung einmal gegeben ist, berechne die Durchschnittsdichte in verschiedenen Entfernungen von diesem Grat hoher Dichte nach den Formeln des nächsten Musters — RINGE VERSCHIEDENER DICHTE (29); leg die Haupteinkaufsstraßen und Promenaden zum dichteren Teil des Hufeisens — KNOTEN DER AKTIVITÄT (30), PROMENADE (31), EINKAUFSSTRASSE (32); und leg die ruhigen Zonen in den offenen Teil des Hufeisens — HEILIGE STÄTTEN (24), RUHIGE HINTERSEITEN (59), STEHENDES WASSER (71)
Muster: Städte
5 MASCHENNETZ VON LANDSTRASSEN
14 IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT
36 ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT
41 GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN
43 UNIVERSITÄT ALS OFFENER MARKT
45 KRANZ VON GEMEINSCHAFTSPROJEKTEN
46 MARKT MIT VIELEN GESCHÄFTEN
49 ÖRTLICHE STRASSEN IN SCHLEIFEN
52 NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN
68 SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN
69 ÖFFENTLICHES ZIMMER IM FREIEN
80 SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS
81 KLEINE UNBÜROKRATISCHE DIENSTLEISTUNGEN
89 LEBENSMITTELGESCHÄFT AN DER ECKE
94 SCHLAFEN IN DER ÖFFENTLICHKEIT