52 Netz von Fuß- und Radwegen
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... Straßen haben wir durch PARALLELE STRASSEN (23), ÖRTLICHE STRASSEN IN SCHLEIFEN (49), GRÜNE STRASSEN (51) geregelt; Hauptwege durch KNOTEN DER AKTIVITÄT (30), PROMENADE (31) und WEGE UND ZIELE (120). Das folgende Muster regelt die Beziehung zwischen diesen beiden.
Autos bilden eine Gefahr für Fußgänger; aber viele Vorgänge spielen sich genau dort ab, wo Autos und Fußgänger zusammenkommen.
Eine allgemeine Routine der Planung ist es, Fußgänger und Autos zu trennen. Dadurch werden Fußgängerbereiche menschlicher und sicherer. Diese Routine lässt aber die Tatsache außer Acht, dass Autos und Fußgänger auch einander brauchen, und dass in Wirklichkeit ein Großteil des städtischen Lebens gerade dort stattfindet, wo diese beiden Systeme sich überschneiden. Viele der bedeutendsten Stellen in Städten, Piccadilly Circus, Times Square, die Champs Elysées, leben davon, dass Fußgänger und Fahrzeuge dort aufeinandertreffen. Neue Städte wie Cumbernauld in Schottland, wo die beiden völlig getrennt sind, haben selten die selbe Lebendigkeit.
Für den kleineren Maßstab eines Wohngebietes gilt dasselbe. Ein großer Teil des täglichen sozialen Lebens findet dort statt, wo Autos und Fußgänger zusammenkommen. In Lima z. B. wird das Auto als Verlängerung des Hauses verwendet: besonders Männer sitzen oft in geparkten Autos bei ihren Häusern, trinken Bier und unterhalten sich. In der einen oder anderen Weise gibt es so etwas überall. Gespräche und Diskussionen entstehen ganz natürlich rund um die Plätze, wo die Leute ihre Autos waschen. Straßenhändler stellen sich dorthin, wo Autos und Fußgänger zusammentreffen; sie brauchen so viel Verkehr wie möglich. Kinder spielen auf Parkplätzen — vielleicht weil sie spüren, dass hier die Leute ankommen und wegfahren, und natürlich, weil sie die Autos lieben. Und doch ist es gleichzeitig wesentlich, Fußgänger von Fahrzeugen getrennt zu halten: um Kinder und alte Leute zu schützen und das Dasein der Fußgänger friedlich zu erhalten.
Um diesen Konflikt zu lösen, muss eine solche Anordnung von Fußgängerwegen und Straßen gefunden werden, dass die beiden getrennt sind, sich aber oft überschneiden, wobei die Überschneidungspunkte als wichtige Brennpunkte aufgefasst werden. Allgemein gesprochen erfordert das zwei rechtwinkelig zueinander liegende Netze, eines für Straßen, eines für Wege, jedes in sich zusammenhängend und durchgehend. Die beiden Netze müssen einander in kurzen Abständen kreuzen, und zwar jeweils im rechten Winkel. (Nach unseren Beobachtungen sollte so ziemlich jeder Punkt auf einem Fußwegenetz näher als 50 m von der nächsten Straße liegen.)
In der Praxis gibt es für die Form dieser Beziehung zwischen Straßen und Wegen verschiedene Möglichkeiten.
Eine Möglichkeit liegt in dem System schneller, etwa 100 m entfernter Einbahnen, das in PARALLELE STRASSEN (23) beschrieben ist. Die Fußwege laufen dann zwischen den Straßen im rechten Winkel zu ihnen, wobei die Gebäude von den Wegen aus zugänglich sind. Wo die Wege die Straßen kreuzen, gibt es kleine Parkplätze mit Raum für Kioske und Geschäfte.
Man kann das Prinzip auch auf ein bestehendes Wohngebiet anwenden — wie in der folgenden Reihe von Plänen, die von den People's Architects, Berkeley, California, stammt. Sie zeigt sehr schön und einfach, wie man ein Fußwegenetz in einem bestehenden Straßenraster schaffen kann, indem man in jeder Richtung jede zweite Straße sperrt. Wie die Zeichnungen zeigen, ist das auch schrittweise möglich.
Wieder anders ist unser Wohnprojekt in Lima. Hier sind die beiden Systeme folgendermaßen angelegt:
In all diesen Fällen sehen wir ein umfassendes Muster, in welchem Straßen und Wege gewissermaßen zugleich entstehen — und deshalb richtig aufeinander bezogen sind. Es ist jedoch wichtig, sich klarzumachen, dass es in der Mehrzahl der praktischen Anwendungen dieses Musters nicht erforderlich ist, Straßen und Wege gleichzeitig anzuordnen. Im Normalfall besteht schon ein Straßensystem; die Wege können einer nach dem anderen schrittweise im rechten Winkel zu den bestehenden Straßen angelegt werden. Langsam, ganz langsam wird durch die Summe dieser Einzelentscheidungen ein zusammenhängendes Wegenetz entstehen.
Schließlich ist zu beachten, dass diese Art der Trennung von Autos und Fußgängern nur bei mittleren oder mittelhohen Verkehrsdichten angemessen ist. Bei geringen Dichten (etwa einer bekiesten Sackgasse, an der ein halbes Dutzend Häuser liegen), können Wege und Straßen offensichtlich zusammengelegt werden. Man braucht dann nicht einmal Gehsteige — GRÜNE STRASSEN (51). Bei sehr hohen Dichten, wie den Champs Elysees oder dem Piccadilly Circus, besteht ein Großteil des Reizes in Wirklichkeit gerade in der Tatsache, daß die Fußwege neben den Straßen entlanglaufen. Die beste Lösung in diesen Fällen sind besonders breite Gehsteige — ERHÖHTER GEHWEG (55) —, die durch ihre Breite die Lösung des Konflikts enthalten.
Die der Straße abgewandte Seite ist sicher — die Kante an der Straße der Ort, wo die Aktivitäten vor sich gehen.
Daraus folgt:
Wenn die Verkehrsdichten nicht sehr hoch oder sehr niedrig sind, leg Fußgängerwege rechtwinkelig zu den Straßen an, nicht daneben entlang, sodass die Wege allmählich ein zweites Netz bilden, das sich vom Straßensystem unterscheidet. Das kann schrittweise geschehen — selbst wenn jeweils nur ein Weg angelegt wird. Aber leg sie immer in die Mitte des „Blocks", sodass sie quer zu den Straßen laufen.
Wo Wege entlang größerer Straßen verlaufen müssen — was eigentlich vorkommt — bau sie 45 cm höher als die Straße, nur an einer Seite der Straße und doppelt so breit wie gewöhnlich — ERHÖHTER GEHWEG (55); auf GRÜNEN STRASSEN (51) können die Wege in der Straße liegen, die ja nur aus Gras und Pflastersteinen bestehen; aber selbst dann sind gelegentliche Schmale Wege rechtwinkelig zu den grünen Straßen sehr schön. Leg die Wege im einzelnen entsprechend WEGEN UND ZIELEN (120) an; form sie gemäß der FORM VON WEGEN (121). Behandle Schließlich die wichtigsten Straßenüberquerungen als Übergänge, und zwar angehoben auf die Ebene des Fußweges, sodass Autos beim Darüberfahren abbremsen müssen — STRASSENÜBERQUERUNG (54)
Muster: Städte
5 MASCHENNETZ VON LANDSTRASSEN
14 IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT
36 ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT
41 GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN
43 UNIVERSITÄT ALS OFFENER MARKT
45 KRANZ VON GEMEINSCHAFTSPROJEKTEN
46 MARKT MIT VIELEN GESCHÄFTEN
49 ÖRTLICHE STRASSEN IN SCHLEIFEN
52 NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN
68 SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN
69 ÖFFENTLICHES ZIMMER IM FREIEN
80 SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS
81 KLEINE UNBÜROKRATISCHE DIENSTLEISTUNGEN
89 LEBENSMITTELGESCHÄFT AN DER ECKE
94 SCHLAFEN IN DER ÖFFENTLICHKEIT