108 Zusammenhängende Gebäude
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... dieses Muster dient der Vervollständigung von GEBÄUDEKOMPLEX (95), GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT (107) und POSITIVER AUSSENRAUM (106). Besonders trägt es zur Entstehung von positivem Außenraum bei, weil es alle nutzlosen Flächen zwischen Gebäuden beseitigt. Wenn man jedes Gebäude mit dem nächsten verbindet, macht man den Außenraum fast unwillkürlich zu einem positiven.
Isolierte Gebäude sind Symptome einer zusammenhanglosen, kranken Gesellschaft.
Selbst in Gebieten mittlerer und hoher Dichte, wo Gebäude sehr nahe beisammenstehen und viel dafür sprechen würde, sie zu einem einzigen Bau zu verbinden, bestehen die Leute darauf, isolierte Bauwerke mit kleinen Stückchen nutzlosen Raums rundherum zu errichten.
Tatsächlich sind heute isolierte, freistehende Gebäude so alltäglich, dass wir sie bereits als selbstverständlich betrachten, ohne uns klar zu machen, dass ihr bloßes Bestehen den psychosozialen Zerfall der Gesellschaft verkörpert.
Am leichtesten ist das auf der gefühlsmäßigen Ebene zu verstehen. Im Traum bedeutet das Haus zumeist das Selbst, die Person des Träumenden. Eine Stadt von zusammenhanglosen :Gebäuden würde in einem Traum das Bild einer Gesellschaft von zusammenhanglosen, isolierten Egos bedeuten. Und die wirklichen Städte, die diese Form haben, verkörpern wie Träume genau diese Bedeutung: Sie halten an der anmaßenden Annahme fest, dass Menschen für sich allein stehen und unabhängig voneinander existieren.
Wenn Gebäude isoliert und freistehend sind, müssen freilich die Leute, die sie besitzen, benutzen und reparieren, gar nicht miteinander in Beziehung treten. In einer Stadt dagegen, in der sich Gebäude physisch aneinander lehnen, zwingt die bloße Tatsache des Angrenzens dazu, die Nachbarn zur Kenntnis zu nehmen, die unzähligen kleinen Probleme zwischen ihnen zu lösen, zu lernen, mit den Schwächen anderer zurechtzukommen, zu lernen, mit den größeren und schwer durchschaubaren Gegebenheiten außerhalb fertig zu werden.
Allerdings haben zusammenhängende Gebäude nicht nur diese gesunde Wirkung und isolierte nur eine ungesunde. Es scheint eher so - obwohl wir es nicht beweisen können, dass in Wahrheit isolierte Gebäude eben deshalb so beliebt, so zwangsläufig, so selbstverständlich geworden sind, weil die Leute davor flüchten, ihre Nachbarn zur Kenntnis zu nehmen und gemeinsame Probleme lösen zu müssen. In diesem Sinne sind die isolierten Gebäude nicht nur Ausfallserscheinungen, sondern sie verlängern und nähren die Krankheit.
Wenn das stimmt, ist es nicht übertrieben zu sagen, dass in relativ dichten Stadtgebieten isolierte Gebäude und die Gesetze, durch die sie geschaffen und begünstigt werden, das Gesellschaftsgefüge so gewaltsam und nachhaltig unterminieren wie irgendein anderes soziales Übel unserer Zeit.
Im Gegensatz dazu zeigt Sitte in einer schönen Analyse an Hand vieler Beispiele, wie normalerweise in früheren Zeiten Gebäude zusammenhängend errichtet wurden:
Das Ergebnis ist in der Tat überraschend, denn unter 255 Kirschen sind:
an einer Seite verbaut | 41 Kirchen |
an zwei Seiten verbaut | 96 Kirchen |
an drei Seiten verbaut | 110 Kirchen |
an vier Seiten verbaut | 2 Kirchen |
freistehend | 6 Kirchen |
zusammen | 255 Kirchen; nur sechs freustehend |
Für Rom kann es somit als Regel gelten, dass Kirchen niemals freistehend ausgeführt wurden. Beinahe dasselbe gilt aber für ganz Italien... Diesem festgeschlossenen und sichtlich mit Bewusstsein durchgeführten Systeme läuft bekanntlich unser modernes schnurgerade entgegnen.
Wir scheinen es gar nicht anders für möglich zu halten, als dass jede neue Kirche mitten auf ihren Bauplatz gestellt wird, damit sie ringsherum frei liegt. Diese Aufstellung hat aber nur Nachteile und keinen einzigen Vorteil. Für das Bauwerk ist diese Aufstellung die ungünstigste, weil der Effekt sich nirgends konzentriert, sondern ringsherum gleichmäßig zersplittert. So ein freigelegtes Bauwerk bleibt ewig eine Torte am Präsentierteller. Ein lebensvolles organisches Verwachsen mit ,der Umgebung ist da von vornherein ausgeschlossen . Es ist eine förmliche Modekrankheit, dieser Freilegungswahn... Camilla Sitte: Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen. 4. Auflage, Wien 1909, Reprint Braunschweig: Vieweg, 1983, 5. 30-33,37)
Daraus folgt:
Wo immer es möglich ist, verbinde dein Gebäude mit den rundum bestehenden Gebäuden. Lass keine Vor- oder Rücksprünge zwischen Gebäuden; versuch vielmehr, neue Gebäude als Fortsetzungen der älteren auszubilden.
Verbinde Gebäude, wo sie nicht tatsächlich — Wand zu Wand— zusammenhängen können, durch Arkaden, geschlossene Außenräume und Höfe — BELEBTE INNENHÖFE (115), ARKADEN (119), ZIMMER IM FREIEN (163)
Muster: Gebäude
98. ORIENTIERUNG DURCH BEREICHE
104. VERBESSERUNG DES BAUPLATZES
107. GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT
114. HIERARCHIE VON AUSSENRÄUMEN
129. GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE
135. WECHSEL VON HELL UND DUNKEL
140. PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE
149. ENTGEGENKOMMENDER EMPFANG
151. KLEINE BESPRECHUNGSZIMMER
159. LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM
183. ABGRENZUG DES ARBEITSPLATZES