158 Offene Treppen
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... die meisten der vorhergehenden Muster — VERMIETBAR RÄUME (153), HÄUSCHEN FÜR TEENAGER (154), ERFÜLLTE ARBEIT (156), WERKSTATT IM HAUS (157) — können in den oberen Stockwerken liegen, sofern sie direkte Verbindungen zur Straße haben. Ganz allgemein gilt, dass viele der in früheren Mustern besprochenen Haushalte, öffentlichen Ämter und Arbeitsgruppen in den oberen Geschossen nur dann gut funktionieren, wenn sie direkte Verbindungen zur Straße haben. Beispielsweise in einer Arbeitsgemeinschaft brauchen SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS (80), KLEINE UNBÜROKRATISCHE DIENSTLEISTUNGEN (81), KLEINE ARBEITSGRUPPEN (148) direkten Zugang zur öffentlichen Straße, wenn sie in den oberen Geschossen eines Gebäudes liegen. Und in den einzelnen Haushalten braucht das HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE (76), HAUS FÜR EIN PAAR (77) und HAUS FÜR EINE PERSON (78) ebenfalls direkte Verbindungen zur Straße, damit die Leute nicht durch die unteren Geschosse gehen müssen. Das folgende Muster beschreibt die offenen Stiegen, die für diese vielen einzelnen Verbindungen zur Straße verwendet werden können. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Schaffung von FUSSGÄNGERSTRASSEN (100).
Stiegenhäuser im Hausinneren beschränken die Verbindung zwischen den oberen Stockwerken und dem Leben auf der Straße so sehr, dass sie sozial enorm schädlich sein können.
Es ist ganz einfach eine Tatsache, dass eine Wohnung im ersten Stock eines Gebäudes wunderbar ist, wenn sie eine direkte Stiege zur Straße hat, und weniger wunderbar, wenn sie nur eine von mehreren Wohnungen ist, die über eine innere Stiege erschlossen sind. Die folgende, vielleicht etwas langwierige Erörterung versucht diese entscheidende und triviale. Erkenntnis zu erklären.
In einer traditionellen Kultur, wo Gebäude bei Bedarf erweitert werden, sind Außenstiegen zu den oberen Stockwerken durchaus üblich. Und halbe „Außen"-Stiegen — geschützt durch Wände und Dächer, aber trotzdem zur Straße hin offen — sind ebenso üblich.
In den industrialisierten, autoritären Gesellschaften liegen im Gegensatz dazu die meisten Stiegen im Hausinnern. Sie sind von inneren Vorhallen und Gängen aus erschlossen; die oberen Stockwerke sind vom direkten Zugang zum Leben auf der Straße abgeschnitten.
Dieser Unterschied ist kein zufälliges Nebenprodukt von Brandschutzvorschriften oder Konstruktionsmethoden. Viel' mehr stellt es den grundlegenden Unterschied dar zwischen einer freien anarchischen Gesellschaft, in der es einen offenen Gedankenaustausch unter Gleichen gibt, und einer hoch zentralisierten, autoritären Gesellschaft, in der die meisten Individuen großen Regierungs- und Wirtschaftsorganisationen dienstbar sind.
Wir behaupten sogar, dass der zentrale Eingang, der die Leute wie durch einen Trichter in ein Gebäude führt, schon von seiner Beschaffenheit her Macht ausstrahlt; das Muster vieler offener Stiegen, die von den öffentlichen Straßen direkt zu den Privattüren führen, strahlt hingegen Unabhängigkeit, beliebiges Kommen und Gehen aus.
Am besten zeigt sich das dort, wo der zentrale Eingang zweifelsohne eine Quelle sozialer Kontrolle darstellt. Bei Arbeitsplätzen mit einem zentralen Eingang und einer Stechuhr können die Arbeiter nur mit der Lochkarte ein- und ausgehen, und wenn sie das Gebäude zu einer unüblichen Zeit verlassen, müssen sie sich dafür rechtfertigen. In manchen Studentenwohnheimen müssen sich die Studenten beim Kommen und Gehen eintragen; und wenn sie bis zur „Sperrstunde" -nicht zurück sind, gibt es Probleme.
Dann gibt es Fälle mit subtilerer Kontrolle. In einem Mehrfamilienhaus oder an einem Arbeitsplatz, wo man nach Belieben kommen und gehen kann, ist es nicht ungewöhnlich, dass der Haupteingang abgesperrt bleibt. Die Hausbewohner haben natürlich einen Schlüssel zu dem Gebäude; ihre Freunde haben aber keinen. Ist die Eingangstür abgesperrt — sagen wir, am Abend dann sind sie völlig abgeschnitten von spontanen, unerwarteten Besuchen, die eben nur dort möglich sind, wo alle Wege bis unmittelbar vor die Schwelle privaten Territoriums öffentlich zugänglich sind.
Es gibt aber auch eine noch subtilere Form der Kontrolle: In diesem Fall hat der zentrale Eingang nicht ausdrücklich die Aufgabe sozialer Kontrolle; sagen wir einmal, die Tür ist ständig offen — und trotzdem vermittelt sie Menschen mit einem ausgeprägten Sinn für Grundfreiheiten ein unangenehmes Gefühl. Der einzelne, zentrale Eingang entspricht genau dem Muster, das ein Tyrann anordnen würde, der gern das Kommen und Gehen der Leute unter Kontrolle hätte. Diese Form des Eingangs erzeugt selbst in einer relativ freizügigen Gesellschaft Unbehagen.
Das mag leicht paranoid klingen. Es geht aber um folgendes: Eine Gesellschaft, die auf individuelle Freiheit setzt, versucht soziale Strukturen aufzubauen, die von der Person oder Gruppe, die „am Ruder" ist, nicht leicht beherrscht werden können.
Sie versucht die sozialen Strukturen zu dezentralisieren, sodass es viele Zentren gibt und keine Gruppe übermäßig viel Kontrolle hat.
Ein bauliches Umfeld, das dieses Ideal der individuellen Freiheit unterstützt, wird sicher jenen Strukturen den Vorzug eben, die den Menschen erlauben, nach Belieben zu kommen - und zu gehen. Und es wird diese Rechte zu schützen versuchen, indem es sie von Anfang an in den Grundriss von Gebäuden und Städten einplant. Wenn wir uns in einem Gebäude, 'das räumlich zu stark zentralisiert und autoritär angelegt ist, unbehaglich fühlen, dann deshalb, weil wir uns in Bezug auf unsere persönliche Freiheit schutzlos fühlen; wir spüren, dass eines unserer Grundrechte auf dem Spiel steht und dass es von der räumlichen Struktur der Umgebung nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Offene Treppen, die eine Ausweitung der öffentlichen Welt darstellen und wirklich bis zur Schwelle jedes einzelnen Haushalts und jeder Arbeitsgruppe führen, lösen dieses Problem. Diese Räume sind dann direkt mit der Welt draußen verbunden. Von der Straße aus erkennt man jeden Eingang als echten Bereich von Menschen — und nicht von Großunternehmen und Institutionen, die die tatsächliche oder potentielle Macht zur Tyrannei haben.
Daraus folgt:
Beseitige Stiegenhäuser im Hausinnern von Institutionen so weit wie möglich. Verbinde alle selbständigen Haushalte, öffentlichen Ämter und Arbeitsgruppen in den oberen Geschossen von Gebäuden direkt mit draußen. Tue das mit Hilfe von offenen Treppen, die von der Straße aus direkt zugänglich sind. Überdach die Stiege, wenn es das Klima erfordert, aber lass sie in jedem Fall auf ebener Erde offen, ohne eine Tür, so dass sie wie eine Verlängerung der Straße funktioniert. Und bau oben keine Gänge. Mach stattdessen dort, obere Einheiten eine Stiege teilen, offene Podeste oder eine offene Arkade.
Wo die Stiege bis zum Boden reicht, mach einen Eingang, der die Familie von Eingängen, die es in einer Straße bereits gibt, ergänzt — FAMILIE VON EINGÄNGEN (102); mach aus den Absätzen und dem Ende der Stiege, wo sie ans Dach grenzt, Gärten, in denen etwas wächst und die Leute in der Sonne sitzen können — DACHGARTEN (118), SONNIGE STELLE (161). Vergiss nicht auf SITZSTUFEN (125), und bau die Stiege gemäß ANLEGEN DER STIEGE (195)
Muster: Gebäude
98. ORIENTIERUNG DURCH BEREICHE
104. VERBESSERUNG DES BAUPLATZES
107. GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT
114. HIERARCHIE VON AUSSENRÄUMEN
129. GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE
135. WECHSEL VON HELL UND DUNKEL
140. PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE
149. ENTGEGENKOMMENDER EMPFANG
151. KLEINE BESPRECHUNGSZIMMER
159. LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM
183. ABGRENZUG DES ARBEITSPLATZES