133 Die Stiege als Bühne
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... wenn die Eingänge angelegt sind — HAUPTEINGANG (119) — und das Muster der Erschließungen im Gebäude feststeht — VON RAUM ZU RAUM (131), KURZE VERBINDUNGSGÄNGE (132) -, müssen die Hauptstiegen entsprechend ihrer sozialen Bedeutung eingefügt werden.
Die Stiege ist nicht nur eine Verbindung zwischen zwei Stockwerken. Sie ist selbst ein Raum, ein Volumen, ein Teil des Gebäudes; und wenn dieser Raum nicht mit Leben gefüllt wird, bleibt er ein toter Punkt, der dazu beiträgt, das Gebäude und die darin stattfindenden Vorgänge auseinanderzureißen.
Unsere Ansichten über die allgemeine Gestalt einer Stiege basieren auf folgender Annahme: Niveauwechsel spielen bei gesellschaftlichen Zusammenkünften häufig eine entscheidende Rolle; sie bieten spezielle Sitzgelegenheiten, sie ermöglichen elegante oder beeindruckende Auftritte, sie bieten Stellen, von denen .aus man sprechen kann, von wo aus man andere Leute beobachten und selbst gesehen werden kann — Orte, die direkteren Augenkontakt ermöglichen, wenn viele Leute beisammen sind.
Wenn dem tatsächlich so ist, dann ist die Stiege einer der wenigen Orte in einem Gebäude, der diesen Anforderungen gerecht wird, da er nahezu die einzige Stelle in einem Gebäude ist, wo man natürlicherweise von einer Ebene zur anderen gelangt.
Daraus lässt sich schließen, dass die Stiege stets zum darunterliegenden Zimmer hin offen sein sollte, so dass sie das Zimmer umfasst, an der Außenkante des Zimmers herum hinunterführt und so gemeinsam mit dem Zimmer einen sozial einheitlichen Raum bildet. Bei Stiegen in einem Schacht oder freistehenden Stiegen, die den darunterliegenden Raum zerteilen, ist das nicht der Fall. Gerade Stiegen dagegen, den Umrissen der Wände darunter folgende oder zweiläufige Stiegen können so funktionieren.
Weiters zählen die ersten vier oder fünf Stufen zu jenen' Stellen, auf die sich die Leute am wahrscheinlichsten setzen, wenn die Stiege funktioniert. Deshalb sollte der untere Teil der Stiege in verbreiterten Stufen auslaufen, auf denen man gemütlich sitzen kann.
Schließlich müssen wir die Lage der Stiege bestimmen. Einerseits ist die Stiege natürlich der Schlüsselpunkt aller Verbindungen in einem Gebäude. Deshalb muss sie von der Eingangstür aus gut sichtbar sein; und in einem Gebäude mit vielen verschiedenen Zimmern im Obergeschoß muss sie so liegen, dass sich so viele Räume wie möglich zu ihr öffnen, sodass sie eine Art Achse bildet, die sich die Leute leicht einprägen. können.
Ist die Stiege jedoch zu nah an der Tür, dann wird sie so öffentlich, dass ihre Lage die beschriebene soziale Bedeutung zerstört. Wir schlagen stattdessen vor, dass die Stiege zwar eine klar ersichtliche und zentrale Lage einnimmt, allerdings im Gemeinschaftsbereich des Gebäudes - ein wenig weiter weg von der Tür als üblicherweise. Nicht unbedingt im EINGANGSRAUM (130), sondern im GEMEINSCHAFTSBEREICH IN DER MITTE (129). Dann ist sie klar sichtbar und kann gleichzeitig die notwendige soziale Bedeutung wahren.
Daraus folgt:
Leg die Hauptstiege an einem zentralen und gut sichtbaren Schlüsselpunkt an. Betrachte die ganze Stiege als ein Zimmer (oder als Innenhof, wenn sie außen liegt). Ordne sie so an, dass sie mit dem Zimmer eine Einheit bildet und an einer oder zwei Wänden entlang herunterkommt. Lass den unteren Teil der Stiege mit offenen Fenstern, Balustraden und breiten Stufen weit auslaufen, so dass die herunterkommenden Leute Teil des Geschehens im Zimmer werden, während sie noch auf der Stiege sind, und die Leute im Zimmer die Stufen von selbst als Sitzplatz benutzen.
Betrachte die unteren Stufen als SITZSTUFEN (125); füg der Stiege auf halbem Weg ein Fenster oder eine Aussicht hinzu, damit genügend Licht und ein natürlicher Anziehungspunkt vorhanden sind - DIE AUSSICHT DES MÖNCHS (134), WECHSEL VON HELL UND DUNKEL (135); denk daran, gleichzeitig mit der Lage der Stiege auch ihre Länge und Gestalt auszuarbeiten ANLEGEN DER STIEGE (195). Entnimm die endgültige Gestalt des Stiegenraums und die Konstruktionsgrundlagen der FORM DES INNENRAUMS (191)
Muster: Gebäude
98. ORIENTIERUNG DURCH BEREICHE
104. VERBESSERUNG DES BAUPLATZES
107. GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT
114. HIERARCHIE VON AUSSENRÄUMEN
129. GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE
135. WECHSEL VON HELL UND DUNKEL
140. PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE
149. ENTGEGENKOMMENDER EMPFANG
151. KLEINE BESPRECHUNGSZIMMER
159. LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM
183. ABGRENZUG DES ARBEITSPLATZES