172 Wildwachsender Garten
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... sind die Terrassen angelegt und die Bäume gepflanzt — TERRASSIERTER HANG (169), OBSTBÄUME (170), PLÄTZE UNTER BÄUMEN (171) —, kommen wir zum Garten selbst: zum Boden und zu den Pflanzen. Kurz gesagt, müssen wir entscheiden, welche Form von Garten wir haben wollen, welche Pflanzen dort wachsen sollen und welche Art von Garten sowohl einer kunstvollen als auch einer natürlichen Anlage entspricht.
Ein Garten, der seinen eigenen Gesetzen entsprechend wächst, ist keine Wildnis und dennoch keine völlig künstliche Anlage.
Viele Gärten sind künstlich und formal. Die Blumenbeete erinnern an ein Tischtuch mit Blumendekor oder an eine Zeichnung. Der Rasen wirkt wie ein perfekt gestutzter Kunststoffpelz. Die Wege sind so makellos wie frisch polierter Asphalt. De Möbel sind sauber und neu, frisch aus dem Kaufhaus.
Diese Gärten besitzen keine der Eigenschaften, die einen Garten zum Leben erwecken — die Eigenschaften der Wildnis, gezähmt zwar, aber noch immer wild, und trotzdem kultiviert genug, um mit den umliegenden Gebäuden und den Menschen, die sich darin bewegen, eine harmonische Einheit zu bilden. Diese Ausgewogenheit von Wildnis und Kultivierung erlebte in den frühen englischen Gärten eine Blütezeit.
Dort ist alles so angeordnet, dass die angestrebte Beschaffenheit des Gartens durch die natürlichen Vorgänge herbeigeführt, nicht aber verschlechtert wird. So wächst zum Beispiel zwischen den Pflastersteinen Moos und Gras. Ein vernünftig und natürlich angelegter Garten ist so angeordnet, dass er durch diese Entfaltung verbessert und nicht bedroht wird. Bei einem künstlichen Garten muss man sich ständig um diese kleinen Dinge „kümmern" — der Gärtner muss ständig aufpassen, dass er die wachsenden Keime, das Unkraut, die wuchernden Wurzeln und das Wachstum des Rasens immer unter Kontrolle hat.
Bei einem wildwachsenden Garten werden die Pflanzen so gewählt und die Begrenzung so gesetzt, dass sich das Wachstum von selbst regelt. Es muss nicht durch ständige Kontrolle im Zaum gehalten werden. Deswegen muss der Garten lange nicht zu stark verwachsen und das System, nach dem er gepflanzt wurde, zunichte machen. Wenn man beispielsweise unter die Blumen und das Gras natürliche, wilde Pflanzen mischt, bleibt für das sogenannte Unkraut, das die leeren Räume füllt und dann gejätet werden muss, kein Platz mehr. Natürliche Steinränder begrenzen das Gras, sodass es nicht nötig ist, alle paar Wochen den Rasen zu mähen und die Ränder stutzen. In Höhensprünge kommen kleine oder größere Steine. Zwischen den Steinen werden kleine Felspflanzen angesetzt, damit auch hier kein Unkraut wachsen kann.
Ein wildwachsender Garten ist gedeihlicher und hat ein stabileres Wachstum als ein zurechtgestutzter, künstlicher Garten. Er kann sich selbst überlassen werden und verfällt nicht nach ein oder zwei Saisonen.
Auch den Menschen bietet ein wildwachsender Gärten reichere Erfahrungen. Der Gärtner übernimmt die Rolle eines guten Arztes, der die Natur bei ihrer Entfaltung beobachtet; manchmal eingreift, etwas herausschneidet oder gewisse Arten ausmerzt, und all das nur, damit der Garten mehr Platz zum Wachsen hat und sich immer mehr seiner Natur entsprechend' entwickelt. Gärten hingegen, die mit äußerster Sorgfalt gepflegt werden müssen, versklaven einen Menschen; man kann von ihnen bei weitem nicht soviel lernen.
Daraus folgt:
Pflanz Gras, Moos, Büsche, Blumen und Bäume so an, wie sie sich in der Natur finden: gemischt, ohne Grenzen dazwischen, ohne kahlen Boden, ohne streng gezogene Blumenbeete und mit solchen Grenzen und Rändern aus unbehauenem Stein, Ziegeln und Holz, die zu einem Teil des natürlichen Wachstums werden.
Füg keine formalen Elemente hinzu, außer dort, wo sie durch ihre Funktion gerechtfertigt sind — wie etwa ein GLASHAUS (175), ein ruhiger Sitzplatz — SITZPLATZ IM GARTEN (176) -, eine Stelle mit Wasser — STEHENDES WASSER (71) — oder Blumen an einer Stelle, wo man sie angreifen und daran riechen kann - ERHÖHTE BLUMENBEETE (245)
Muster: Gebäude
98. ORIENTIERUNG DURCH BEREICHE
104. VERBESSERUNG DES BAUPLATZES
107. GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT
114. HIERARCHIE VON AUSSENRÄUMEN
129. GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE
135. WECHSEL VON HELL UND DUNKEL
140. PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE
149. ENTGEGENKOMMENDER EMPFANG
151. KLEINE BESPRECHUNGSZIMMER
159. LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM
183. ABGRENZUG DES ARBEITSPLATZES